Vorzeige-Tourismusschulen Semmering ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit
Der Semmering hat die globale Herausforderung angenommen und an der Höheren Lehranstalt für Tourismus einen „Thursday for Future“ mit Öffnung des Unterrichts zugunsten von Workshops mit freier Pauseneinteilung ermöglicht, von deren Effizienz und Intensität zu Ende u.a. auch etliche im Turnsaal angebrachte Plakate zeugten. Die Workshops beleuchteten das Thema Nachhaltigkeit aus unterschiedlichen Perspektiven und befassten sich mit Müllkonzepten, Sozialem, Produkten, Reisen sowie nachhaltigem (Sport)tourismus.
So arbeitete die Klasse 3BHL nach dem Input von Referenten der „Grünen Tonne“ zum Thema „Mülltrennung“ in Schule und Internat und erstellte ein (Sponsoren)konzept u.a. für Papier-, Bio-, Plastik- und Restmüll pro Stock. Die ITB Klassen 3CHL und 4CHL befassten sich unter der Leitung von Frau Kodek, ECPAT, und Frau Balatka, JB Travel, mit nachhaltigem Reisen und Reiseverhalten. Die 5. Jahrgänge lauschten zuerst gespannt einem Vortrag von zwei Mitarbeitern des Unternehmens Climate Partner, bei dem die aktuellen Klimaprojekte vorgestellt wurden, welche sich an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung orientieren. Anschließend erarbeiteten die Jugendlichen mit viel Enthusiasmus eigene Lösungsansätze, um den CO2-Ausstoß bei einem Beispiel-Hotel zu verringern und präsentierten diese im Plenum. Die Schüler*innen der 1BHL hatten im Rahmen des Workshops „Soziale Nachhaltigkeit“ die Aufgabe, den höchsten, stabilsten und kreativsten Turm zu bauen. Weitere Teambuilding-Aktivitäten hoben die Stimmung, sodass man gut gelaunt und teamgestärkt zur Mittagsjause schritt.
Während frühmorgens Restaurant und der Servierkunderaum liebevoll hergerichtet wurden und es an die Vorbereitung einer nachhaltigen Jause für die ganze Schule ging, trudelten schon die Aussteller mit ihren regionalen Produkten ein, von deren Nachhaltigkeitsverständnis sich die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Herrichtens und Konsumierens einer Jause überzeugen konnten. Die meisten der lokalen Produzenten haben einen direkten oder indirekten Bezug zur Schule – dank Kindern, die die HLT Semmering besuch(t)en oder weil sie selbst Absolventen sind. Die Hausmesse versammelte als bedeutende lokale, nachhaltige Partner der Schule Biohof Schuster (Muthmannsdorf), Biohof Winkler (Krumbach), Biohof Zwickl (Prigglitz), Hofladen und Mostheuriger Tolstiuk (Natschbach), Cafe Alpin, R. Wurm (Semmering), Biohof Haselbacher (Peisching), Fischteiche Wechselforelle, M. Schlager (Trattenbach), Fruchtwelt Mohr-Sederl (Zweiersdorf) und Most-Michl Bio Äpfel, Fam. Simon (Mollram). Mit dabei war zu diesem Zeitpunkt bereits Rudi Anschober, der die Gespräche und Qualitätsverkostung sichtlich genoss und mit Dir. Jürgen Kürners einführenden Worten um 12.30 in seinen öffentlichen, interaktiven Vortrag startete.
Dir. Kürner ließ mit einem mehr als hundert Jahre alten Eingangszitat aus der Feder von Marie von Ebner-Eschenbach aufhorchen: „Was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die Welt morgen aussieht.“ Sein Referent, der ehemalige Gesundheitsminister Anschober, würdigte zunächst die paradiesische Semmeringregion und ihre großartigen Produkte: „Man schmeckt eine Gegend. Auch das ist Nachhaltigkeit – dass wir kennen und schätzen lernen, wer die Produkte in der Region produziert. Unser Verhalten – ob als private/r Konsument /in oder in der (Tourismus)wirtschaft – entscheidet darüber, ob diese kleinen Strukturen aufrecht erhalten bleiben.“
Anschobers eigentliche Ausführungen und Diskussionsbeiträge kreisten um Zukunftsfragen wie den Umgang mit der Klimakrise und mit Ressourcen. Unabhängig davon, wen wir wählen, seien wir alle davon betroffen und müssen mitentscheiden und mittragen, wie die Klimasituation in einigen Jahren bei uns ausschauen werde, aber auch wie sich wirtschaftliche Chancen, Tourismuschancen, die Fragen des Reisens in Zukunft weiterentwickeln würden. Dabei wies Anschober darauf hin, dass wir seit gut 70 Jahren wissen, dass es den Treibhauseffekt gibt und dennoch heute die höchsten CO2 Emissionen der Geschichte zu verzeichnen hätten. Gerade deshalb dürfe man nicht aufgeben: „Mein Credo ist – besser jetzt als gar nicht.“ Expertise pur, verständlich aufbereitet und mit zahlreichen Beispielen gespickt, stellte (sich) der Referent Fragen zur Einsparung fossiler Energieträger, zur CO2 Speicherung vorranging durch Bäume, der Zerstörung der Regenwälder u.a. zum Zwecke von Sojaanbau für industrielle Massentierhaltungen und erarbeitete unter reger Beteiligung der Jugendlichen gangbare Wege und Maßnahmen auf individueller Ebene. Der „dicke Pullover übers Ruderleiberl drüber“ für kühlere Tage ist zu diesem Zwecke ebenso aktuell wie die an alte Zeiten erinnernde Vorfreude auf einmal pro Woche (sonntäglich) konsumiertes Fleisch, die Reparatur von Geräten und die Verwendung von Beinen, Rad bzw. öffentlichen Verkehrsmitteln. Anschober skizzierte die großen Zusammenhänge der Krisen und die Notwendigkeit, zur Bewältigung der Klimakrise einen Beitrag zu leisten: „Wenn’s wärmer wird, haben wir auch in vielen Bereichen weniger Energie, weil zum Beispiel die Flüsse weniger Wasser führen – wir hatten heuer im Sommer ein Drittel weniger Wasserkraft in Österreich. Dann steigen die Preise, was die Inflation bedingt, und es wird schwierig, gerade für die Menschen, die ohnehin wenig Geld haben. Unerwähnt blieben zwar nicht die sogenannten „Kipp-Punkte“, an denen die negative Entwicklung wie im Falle steigender Temperaturen so weit geht, dass sie ganz massiv beschleunigt wird, am Schluss der Ausführungen stand jedoch ein Appell an Klimaschützer, Jung und Alt, die Klimakrise durch Zusammenhalt und entschlossene Maßnahmen, auch vonseiten der Politik – zum Beispiel durch den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel – zu begrenzen. „Es muss ja gar nicht immer alles vorgeschrieben werden. Wenn wir alle zusammenhelfen, um ein Ziel zu erreichen, dann sind wir ziemlich stark, dann werden wir diesen Kipp-Punkt hin zum Guten, zum Klimaschutz, erreichen. Es braucht die Menschen mit ihrem Verhalten und es braucht mutige Politikerinnen und Poilitiker. Wir alle sitzen in einem Boot. Es betrifft uns am Semmering, es betrifft uns in Afrika. Deshalb müssen wir uns alle an der Hand nehmen und etwas tun, wurscht ob wir alt sind oder jung.“ Anschober ermutigte in diesem Sinne zu Aktivismus. Alles, was im Rahmen der Gesetze ist, sei gut, wenn man damit sichtbar mache, dass man für den Klimaschutz ist. Direktor Kürner beschloss die Mittagsrunde mit einem Wort, das ihm und uns neben „Klima“ und „Nachhaltigkeit“ besonders im Gedächtnis bleiben wird: dem Wort „bewusst“: „Wenn wir viele Dinge, die wir machen, bewusster tun, dann sind sie von Haus aus nachhaltiger und klimaschützender.“
Zum guten Abschluss war es möglich, bei Buchhändlerin Irgmard Rosenbüchler neben Anschobers Werk „Pandemia. Einblicke und Aussichten“ weitere aufschlussreiche Bücher zu den Themen Energierevolution, Erderwärmung, Green Travelling uvm., auch für die öffentliche Schulbibliothek, zu erwerben. Ein spannender und aufschlussreicher Tag zu diesem so wichtigen Thema, das – auf diese Weise aufbereitet – nicht nur in den Köpfen, sondern auch in den Herzen aller Anwesenden bleiben wird.










