Wölfe, Kitze, Kröten… Tierethik an der HLT Semmering
Mit Beschluss des Nationalrates vom 20. November 2020 wurde in der Sekundarstufe II Ethik als Pflichtgegenstand für alle Schülerinnen und Schüler eingeführt, die keinen Religionsunterricht besuchen. Im Rahmen des Ethikunterrichts an den Tourismusschulen Semmering ist auch das Gebiet der Tierethik ein wichtiges Thema. In diesem Zusammenhang erfolgt die Auseinandersetzung mit der komplexen Frage, ob wir eine moralische Verantwortung haben, empfindungsfähigen, nicht-domestizierten Tieren aktiv zu helfen. Wir schützen den Wolf, weil es ihn gibt und weil seine Nachfahren, die Hunde, zu unseren besten Gefährten zählen. Außerdem weil Wölfe die Schalenwildbestände regulieren, was zu Waldverjüngung und mehr Pflanzenvielfalt führt. Wir schützen aber auch die Rehkitze der ohnehin überhegten Rehe vor gnadenlosen Mähwerken, weil es in der Situation Leid verhindert, jungem Leben das Aufwachsen ermöglicht und weil das Überleben dieser Kitze auf der Waldbauernwiese keinen wesentlichen Unterschied bezüglich der derzeitigen Überweidung macht. Man könnte sagen, dass wir allen Tieren den Versuch schulden, ihr Wohlbefinden zu verbessern, insbesondere wenn historische Verflechtungen vorliegen und wir deren Lebensraum einschränken bzw. zerstören.
In Fortführung der ethischen Diskussion besuchte der gesamte erste Jahrgang der Tourismusschulen Semmering auf Einladung von Dr. Heidi Prüger (Ethik) eine öffentliche Schulveranstaltung zum Wolf mit einem der renommiertesten Verhaltensforscher, Dr. Kurt Kotrschal, Mitbegründer des Wolf Science Center Ernstbrunn. Der emeritierte Universitätsprofessor war Nachfolger von Konrad Lorenz am gleichnamigen Forschungsinstitut und engagiert sich heute neben der Wissenschaft verstärkt für den Artenschutz. Seine Forschungsergebnisse zum Wesen von Wölfen und Hunden und ihrer Beziehung zu uns Menschen sind in zahlreichen Publikationen dokumentiert.
Der Wolf ist gekommen, um zu bleiben. An uns ist es, die Debatte um unseren Umgang mit der Rückkehr dieses Raubtiers in sein natürliches Habitat faktenbasiert zu führen. Dabei sollen weder die Herausforderungen und Kosten von Bauern und Bäuerinnen außer Acht gelassen, noch Ängste geschürt werden. Grundsätzlich haben Wölfe einen positiven Einfluss auf die Biodiversität, indem sie das natürliche Gleichgewicht der Arten im Wald regeln und durch Reduktion von Wildverbiss eine klimaangepasste Verjüngung des Waldes ermöglichen. Die klima-, tier- und biodiversitätfreundliche Almwirtschaft muss aber erhalten bleiben. Es steht in der Verantwortung des Landwirtschaftsministeriums, GAP-Förderungen von Schutzmaßnahmen in die nationalen Strategiepläne zu nehmen.
Im Frühling treten Kröten, Frösche und Molche ihre Wanderung zu den Laichgewässern an – eine gefährliche Reise über die Semmeringer Hochstraße. Untersuchungen haben ergeben, dass bei einer Verkehrsdichte von 60 Pkws pro Std. 90 Prozent der wandernden Amphibien überfahren werden. Selbst wenn man sie „zwischen die Räder nimmt“, endet dies oft mit dem Tod, denn der Strömungsdruck führt bei entsprechender Geschwindigkeit zu schweren inneren Verletzungen. Eine verringerte Geschwindigkeit erhöht die Überlebenschance der Tiere. Es wird daher empfohlen, besonders in den Morgen- und Abendstunden an Amphibienwanderstrecken die Geschwindigkeit auf 30 km/h zu reduzieren. In Schulnähe leisten jugendliche Krötenretter*innen wertvolle Arbeit unter dem Motto: „Wer ein Leben rettet, rettet die Welt.“ Leider kam uns dabei eine „Achtung Kröten“- Tafel“ abhanden. Wir würden uns freuen, wenn sie zu uns zurückfinden würde. Wer eine Kröte in der Hand geborgen hält, weiß, dass es möglich ist, für sie Zärtlichkeit zu haben und durch sie die Schöpfungsvielfalt zu bestaunen. Tun wir das, tun wir was!

